Vom 23. bis zum 25. April luden das Climate Change Centre Austria (CCCA) und die Universität Innsbruck zum 25. Österreichischen Klimatag nach Innsbruck ein. Das Thema: „Lebens- und Wirtschaftsraum Alpen“. Ein treffender Titel, denn Österreich als Alpennation ist ganz besonders vom Klimawandel betroffen und wird es auch in Zukunft sein. Forschende diskutierten, warum Investitionen in den Klimaschutz jetzt entscheidend sind – denn langes Zögern könnte teuer werden, insbesondere für jene, die wirtschaftlich bereits besonders verwundbar sind. Beim Klimatag vor Ort war ECH-Mitglied Valentina Ausserladscheider vom Institut für Wirtschaftssoziologie. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welche Bedeutung Veranstaltungen wie der Klimatag für den wissenschaftlichen Dialog haben – und welche Rolle die Interdisziplinarität in ihrer Forschung spielt.

Teilnehmer*innen des Klimatags im Austausch.
© CCCA

ECH: Warum ist der Klimatag als Plattform für den Austausch zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, wie zum Beispiel den Urban Studies, und Vertreter*innen aus Verwaltungen, beispielsweise der Stadt- und Verkehrsplanung, aus Ihrer Sicht wichtig?

Ausserladscheider: Der Klimatag ist ein herausragendes Event, weil er als Plattform dient, auf der Expert*innen, Stakeholder und Entscheidungsträger*innen vor Ort zusammenkommen. Dabei gelingt es, viele unterschiedliche Dimensionen des Themas zu beleuchten. Das ist besonders wichtig, denn klimatische Veränderungen bedeuten weit mehr als nur globale Erwärmung – sie wirken sich auf zahlreiche Bereiche wie Biodiversität, Wirtschaft, Wassermanagement und vieles mehr aus.

Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass auch die Wissenschaft dringend auf die Perspektiven aus der Praxis angewiesen ist. Gerade deshalb ist die Ausgestaltung des Klimatags in meinen Augen so erfolgreich. Der Dialog zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem, was gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich umsetzbar ist, bleibt die zentrale Voraussetzung für eine wirksame Bewältigung der Klimakrise.

„Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass auch die Wissenschaft dringend auf die Perspektiven aus der Praxis angewiesen ist.“

ECH: Welche Rolle spielen der inter- und transdisziplinäre Austausch für Ihre eigene Forschung?

Ausserladscheider: Gerade meine eigene Forschung – etwa dazu, wie klima-vulnerable Industrien wie der Wintertourismus auf den Klimawandel reagieren – ist in dreifacher Hinsicht auf den inter- und transdisziplinären Austausch angewiesen:.

Erstens ist mein Forschungsfeld in der Wirtschaftssoziologie von Natur aus interdisziplinär: Ich bin auf die Klimawissenschaften angewiesen, die mir aufzeigen, wie sich die globale Erwärmung auf Schneefall und Temperaturen auswirkt und weiter auswirken wird, ebenso wie auf die Wirtschaftswissenschaften, um zu verstehen, welche wirtschaftlichen Kennzahlen direkt und negativ vom Klimawandel betroffen sind. Ergänzend bringe ich die soziologische Perspektive ein, um zu analysieren, wie sich Gemeinschaften, Organisationen und Einzelakteure unter diesen klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen verhalten.

Zweitens basiert ein wesentlicher Teil meiner Datengrundlage auf Interviews mit Stakeholdern aus der Branche. Um diese Daten zu erheben, braucht es eine belastbare Gesprächsbasis und eine allgemeine Akzeptanz, dass Forschung zum Klimawandel gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Relevanz besitzt.

Drittens – und vermutlich am wichtigsten – ist der fortlaufende Dialog über die eigentliche Forschung hinaus entscheidend, um sicherzustellen, dass meine Arbeit gesellschaftlich relevant bleibt. Nur so kann ich verstehen, welche Themen für Expert*innen, Stakeholder und Bürger*innen von Bedeutung sind.

Die Teilnehmer*innen des Klimatags sitzen in einem Hörsaal während einer wissenschaftlichen Session.
© CCCA

ECH: Welche neue Erkenntnis haben Sie vom Klimatag mitgenommen?

Ausserladscheider: Der Klimatag begann mit einer äußerst spannenden Keynote von Margreth Keiler (Direktorin d. Instituts für Interdisziplinäre Gebirgsforschung (IGF der ÖAW), Anm. d. Red.). Zwei zentrale Erkenntnisse habe ich aus diesem Vortrag mitgenommen: Erstens, dass Gemeinschaften, die in Gefahrenzonen leben und zunehmend von Extremwetterereignissen betroffen sind, sich der Risiken durchaus bewusst sind – ihnen jedoch häufig das Wissen über notwendige Anpassungsmaßnahmen fehlt. Zweitens wurde deutlich, dass Versicherungsschutz bei Naturkatastrophen zwar kurzfristig hilft, aber langfristig nicht ausreicht, um eine Verarmung der betroffenen Menschen zu verhindern. Besonders eindrücklich blieb mir der Satz: „Auch wenn es eine Versicherung gibt, schlittern Leute in die Armut.“

“Auch wenn wissenschaftliche Erkenntnisse zu klimainduzierten Problemen vorliegen und in politische Maßnahmen übersetzt wurden, scheitert es häufig an der tatsächlichen Umsetzung.”

Ein weiterer spannender Punkt wurde im Vortrag zum Hitzeschutz in Vorarlberg angesprochen, in dem auf die Problematik der sogenannten „Policy-Practice Gap“ hingewiesen wurde. Das bedeutet: Auch wenn wissenschaftliche Erkenntnisse zu klimainduzierten Problemen vorliegen und in politische Maßnahmen übersetzt wurden, scheitert es häufig an der tatsächlichen Umsetzung.

Neben diesen inhaltlichen Erkenntnissen möchte ich zwei weitere Highlights hervorheben: Zum einen hat es der Klimatag auf bemerkenswerte Weise geschafft, junge und weibliche Forschende in sämtlichen Formaten – ob in Panels, Vorträgen oder Posterpräsentationen – sichtbar zu machen und ihrer Exzellenz Raum zu geben. Zum anderen war es äußerst erfrischend, auch „So kann es gehen“-Vorträge zu hören, die konkrete und umsetzbare Maßnahmen zur Klimaanpassung und -minderung in den Fokus rückten.

ECH: Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr Details zum Ablauf des 25. Klimatags finden Sie im Nachbericht des CCCA.

Zum Vormerken: Den 26. Klimatag vom 08. bis 10. April 2026 veranstaltet das CCCA in Zusammenarbeit mit dem ECH der Universität Wien.

Mehr zu Valentina Ausserladscheider: Beim Umwelt im Gespräch des ECHs zum Thema „Schnee war gestern: Klimawandel in den Alpen“ diskutierte sie auf dem Panel als Expertin mit.

Valentina Ausserladscheider

Valentina Ausserladscheider ist Assistenzprofessorin und stellvertretende Leiterin am Institut für Wirtschaftssoziologie. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Vulnerabilitäten im Klima Wandel (Climate Change Vulnerabilities), Diskurs und verlorene Vermögenswerte (Stranded Assets).