Zum ersten Mal veranstaltete der Forschungsverbund Umwelt und Klima (ECH) ergänzend zu seinem Serienevent “Umwelt im Gespräch” am 28. Mai einen Climate Walk in Kooperation mit Climate Walk Austria. Das Thema: „klimaresiliente Städte“. Bei viel Sonnenschein und blauem Himmel folgten 15 Teilnehmende und vier Sprecher*innen der Route durch den siebten Bezirk. Ziel des Climate Walks war es, gemeinsam etwas über die Projekte in Neubau zu erfahren, die Wien schon heute grüner, resilienter und klimafit machen.
„Der ECH hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Forscher*innen aller wissenschaftlichen Disziplinen zusammenzubringen, sondern deren Arbeit auch an die Menschen weiterzugeben”, erklärte Lena Schmidlechner (ECH), die in Kooperation mit Eva Holzinger (Climate Walk Austria) das Event organisierte. Ein Climate Walk ohne akademische Hierarchien und komplizierten “Wissenschafts-Sprech“ sei dafür genau das richtige. Aus diesem Grund kooperiere der ECH gerne mit der Organisation Climate Walk Austria, ergänzte Schmidlechner. Zum Einstieg schickte Eva Holzinger die Gruppe auf eine Gedankenreise – gemeinsam sollten sich die Teilnehmenden eine resiliente, grüne Stadt in allen Details vorstellen. „Ich denke an grüne Erholungsorte, wo für alle Raum ist“, so eine Teilnehmende. „Es geht auch darum, dass grüne und blaue Orte für alle zugänglich sind – für Arm und Reich“, fügte ein anderes Gruppenmitglied hinzu.
Neugestalten und Charakter bewahren
Schon auf dem Weg zur ersten Station in der Lerchenfelder Straße Ecke Strozzi Gasse konnten die Teilnehmenden zahlreiche Eindrücke zur Stadt sammeln. Angeregt wurde über den Verkehr, die Geräuschkulisse, und die vielen Menschen vor Ort gesprochen. An der Station angelangt gab Stadtpsychologe Addi Wala Einblick in das – von STADTpsychologie geleitete – Projekt „Klimafitte Lerchenfelder Straße“. „Die Lerchenfelder Straße ist ein sehr besonderes Grätzl”, erklärte Wala, “früher war sie die Hauptstraße eines eigenen Ortes, „Altlerchenfeld“, und hat bis heute eine gemeinschaftliche, dörfliche Kultur behalten“. Der offene Austausch und die Zusammenarbeit mit den Anwohner*innen sei daher besonders wichtig, um bei der Neugestaltung der Straße ihren besonderen Charakter zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden laut Wala qualitative Interviews geführt, sowie Online-Beteiligung an Dialogforen ermöglicht. „Ein partizipativer Zugang sorgt dafür, dass am Ende auch wirklich möglichst viele Menschen zufrieden sind und sich niemand überrumpelt fühlt“, betonte Wala.
Oase im Gewurl
Die Route führte die Gruppe weiter zur Zieglergasse 20, wo die Teilnehmenden den Schatten einer der zahlreichen Grätzloasen für den nächsten Vortrag nutzen konnten. Eva Braxenthaler, Projektleiterin der Grätzloase, erklärte am Beispiel der Zieglergasse, worum es bei dem Projekt geht: “Mithilfe der Mittel, die die Grätzloase als Teil der Agenda 21 der Stadt Wien bereitstellt”, so Braxenthaler, “ können Bürger*innen Parkplätze in Wien zu sogenannten grünen Parklets umgestalten”, also zu begrünten öffentlichen Zonen, die Vorbeigehende zum Verweilen einladen. Als Überraschungs-Gast stieß Malu Engelmann, Immobilienmaklerin und Initiatorin der Grätzloase in der Zieglergasse 20, zur Gruppe und erzählte, wie die Oase zustande kam. „Am Anfang gab’s hier noch einige Nachbarn, die waren nicht begeistert, dass ihnen zwei Parkplätze abhandenkommen – das hat Überredungsarbeit gebraucht. Aber jetzt setzen auch die sich gerne mal mit einer Flasche Wein in unsere kleine Oase. Und das freut mich natürlich“, erzählte Engelmann. Grätzloasen würden den Bewohner*innen der Stadt öffentlichen Raum wieder zurückgeben, so die Sprecherinnen. „Durch eine neue Verordnung müssen die Grätzloasen jetzt vor dem Winter auch nicht mehr abgebaut werden und können das Jahr über stehenbleiben, das macht es uns schon auch einfacher“, berichtete Engelmann.
Wie Abkühlung im Grätzl gelingt
Entlang der belebten Mariahilfer Straße erreichten die Teilnehmenden die letzte Station, die bereits 2021 umgestaltete Zollergasse. Hier gab Matthias Ratheiser, Meteorologe und Geschäftsführer von Weatherpark, Input rund um die Analysen und Berechnungen, die notwendig sind, um städtische Gebiete klimafit zu machen. „Vor allem das Schaffen von Schatten in der Stadt ist wichtig”, erklärte er, “idealerweise mit Bäumen, die aber häufig sehr viel Platz brauchen, den man vorher gut berechnen muss”, so Ratheiser weiter. Alternativ eigneten sich aber auch Segel zur Beschattung. „Genau so stell ich mir die Stadt der Zukunft vor, wie hier in dieser Seitengasse. Einfach immer wieder Orte zwischendrin schaffen, wo man Pause machen kann“, erklärte eine Teilnehmerin unter den beschattenden Bäumen und Pergolen der Zollergasse.
Die grüne Stadt
Dann ging es zusammen mit Eva Holzinger zurück zum Naturhistorischen Museum. In einer abschließenden Runde lud Holzinger die Gruppe ein, das Besprochene Revue passieren zu lassen und zu überprüfen, inwiefern sich ihre Vorstellung von der „resilienten Stadt der Zukunft“ vom Beginn des Walks bis zu seinem Ende verändert habe. „Es ist konkreter geworden, die Beispiele geben mir jetzt Bilder, wie so eine Stadt wirklich aussehen könnte”, resümierte eine Teilnehmerin.
Im Anschluss an den Climate Walk fand das 11. Umwelt im Gespräch statt zum Thema „Klimawandel und urbaner Hitzestress: Wie wir unsere Städte klimafit machen“. So konnte die praktische Erfahrung grüner Stadtplanung des Spaziergangs abschließend mit theoretischem Wissen im öffentlichen Dialog verknüpft werden.
Hinweis: Der nächste Climate Walk zum Thema „Wien – it’s getting hot in here“ findet in der ersten Augustwoche statt und wird sich mit den sogenannten Hitzeinseln in der Stadt auseinandersetzen.