Erforschen. Verstehen. Gestalten – Dialog schafft Zukunft
Über die Kunst, komplexe Umweltforschung verständlich zu machen – und warum Schweigen keine Option ist.
Forschung mit offenen Türen
Die große Bühne der Umwelt- und Klimaforschung ist kein stilles Labor. Es ist ein vibrierendes Netzwerk aus Ideen, Daten, Unsicherheiten – und vor allem: Menschen. Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Umweltverschmutzung. Diese „Triple Crisis“ ist keine abstrakte Grafik auf einem Poster. Sie ist Alltag. Und sie betrifft uns alle.
Doch wie gelangt das, was Forscher*innen in monatelanger Kleinarbeit modellieren, messen und diskutieren, zu den Menschen, die nicht mit peer-reviewten Journals frühstücken? Warum ist es so entscheidend, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht im Echoraum der Fachcommunity verhallen?
Für den Environment and Climate Research Hub (ECH) der Universität Wien ist die Antwort klar: Wissenschaft muss raus aus dem Echoraum der Fachcommunity, hinein in die breite gesellschaftliche Debatte, wenn sie wirken und Vertrauen schaffen will.
„Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, sagt Thilo Hofmann, einer der beiden Direktoren des ECH. „Dafür braucht es einen Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft – ehrlich, auf Augenhöhe und offen für neue Perspektiven.“
Warum Wissenschaft nicht nur forschen, sondern auch sprechen muss
Dass Kommunikation kein Add-on, sondern ein zentraler Teil wissenschaftlicher Praxis ist, ist für den ECH gelebte Realität. Der ECH wurde 2024 gegründet und bringt aktuell 70 Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen – von Atmosphärenforschung bis Umweltpsychologie, von Biodiversität über Geowissenschaften, Recht und Ökonomie bis hin zu Kulturwissenschaften.
Die Forschung ist interdisziplinär, die Herausforderungen komplex – und die Lösungen ebenso. Doch ohne gesellschaftliches Verständnis und Mitwirken, ohne politisches Handeln und individuelle Entscheidungen bleibt selbst die beste Forschung ein schlafender Riese.
Sabine Pahl, Umweltpsychologin und Co-Direktorin des ECH, bringt es auf den Punkt:
„Wissenschaftliche Erkenntnisse sind kein Selbstzweck. Unsere Aufgabe ist es auch, Orientierung zu bieten – und das gelingt nur, wenn wir verständlich und relevant kommunizieren.“
Formate mit Wirkung: "Umwelt im Gespräch" und der ECHO-Newsletter
Wie das konkret aussieht? Beispielsweise so wie bei „Umwelt im Gespräch“, einer Veranstaltungsreihe des ECH in Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien. Hier diskutieren Forschende mit Vertreter*innen aus Politik, Zivilgesellschaft und Medien. Es geht nicht darum, monologisch Wissen zu verteilen, sondern gemeinsam Fragen zu wälzen: Wie verändert Mikroplastik unsere Nahrungskette? Warum verliert der Boden sein Gedächtnis? Können Städte atmen?
Solche Fragen stehen auch im Fokus des ECHO-Newsletters, der sich an ein internationales, wissenschaftlich interessiertes Publikum richtet – nicht nur an Fachkolleg*innen, sondern an Menschen, die fundierte Information jenseits der Schlagzeile suchen. Statt trockener Paper-Zusammenfassungen liefert ECHO Themen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen, im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen, mit Raum für Kontroverse, Hoffnung und Neugier.
Vom Wissen zum Handeln – auch digital und didaktisch
Ab Herbst 2025 geht der ECH noch einen Schritt weiter: Mit dem MOOC „Environmental Emergencies - Navigating Climate Change, Biodiversity Loss and Environmental Pollution“ startet ein kostenloser Onlinekurs, der weltweit Menschen dazu einlädt, die Triple Crisis in ihrer Komplexität zu verstehen – und mit diesem Wissen handlungsfähig zu werden. Forschende der Universität Wien, darunter rund 30 ECH-Mitglieder, vermitteln in Modulen zu Klimawandel, Biodiversität und Umweltverschmutzung wissenschaftliche Erkenntnisse ebenso wie Lösungsansätze. Didaktisch durchdacht, niederschwellig aufbereitet, global verfügbar.
Dazu kommt die Ringvorlesung „Vom Wissen zum Handeln“, die sich gemeinsam mit der Stadt Wien an Studierende und Bürger*innen richtet. Anhand eines „Tages im Leben einer Wienerin“ werden Themen wie Ernährung, Mobilität, Energie oder Gesundheit greifbar gemacht. So wird Wissenschaft nicht nur vermittelt, sondern verortet – im Alltag, in der Stadt, in den Entscheidungen jedes Einzelnen.
Eine Einladung, mitzureden
Der ECH versteht sich als Katalysator: für neue wissenschaftliche Kooperationen, für den Austausch mit Entscheidungsträger*innen – aber auch für das Nachdenken darüber, wie wir leben wollen.
Es geht nicht um das finale Rezept für eine bessere Welt, sondern um ein ehrliches Ringen: mit Daten, mit Widersprüchen, mit möglichen Zukünften.
„Wissenschaft allein kann die Welt nicht retten“, sagt Thilo Hofmann. „Aber sie kann Türen öffnen und die Werkzeuge bereitstellen, mit denen wir gemeinsam Lösungen bauen können.“
Und Sabine Pahl ergänzt: „Kommunikation ist der erste Schritt zur Transformation. Wer nicht gehört wird, kann auch nichts verändern.“
Deshalb redet der ECH mit. Nicht weil er alles weiß. Sondern weil er verstanden hat, dass Wissen nur dann Wirkung entfaltet, wenn es geteilt wird. Denn nur so kann Vertrauen wachsen – und eine Gesellschaft entstehen, die der Wissenschaft vertraut.
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