MICROCLIM: Eine mikroskalige Perspektive auf die alpine Flora im Klimawandel
Stefan Dullinger vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung leitet das Projekt „MICROCLIM“.
Die Vielfalt an Organismen – eines der markantesten Merkmale des Lebens auf der Erde – ist bedroht, und der Klimawandel könnte in den kommenden Jahrzehnten zu einem der Hauptfaktoren für die Biodiversitätskrise werden.
Übersicht
Die Vielfalt an Organismen – eines der markantesten Merkmale des Lebens auf der Erde – ist bedroht, und der Klimawandel könnte in den kommenden Jahrzehnten zu einem der Hauptfaktoren für die Biodiversitätskrise werden. Die Auswirkungen des Klimas auf die Arten sind jedoch je nach Ökosystem und Region unterschiedlich. Besonders umstritten ist das Schicksal der artenreichen und außergewöhnlichen alpinen Flora in einer sich erwärmenden Welt. Während einige Forscher*innen einen massiven Verlust von an die Kälte angepassten Pflanzen erwarten, da diese kaum Möglichkeiten haben, der Hitze zu entkommen („Aussterben am Gipfel“), gehen andere von einer geringen Sensitivität der Hochgebirgsflora aufgrund weit verbreiteter mikroklimatischer Refugien im topographisch komplexen alpinen Gelände aus.
MICROCLIM zielt darauf ab, die Belege für diese widersprüchlichen Erwartungen zu evaluieren, indem es die bislang getrennten Forschungsbereiche Monitoring und prognostische Modellierung der alpinen Pflanzenverbreitung miteinander verbindet. Insbesondere werden wir zunächst eine umfassende Evaluierung der Standard-Modelling-Ansätze vornehmen, indem wir die Vorhersagen der Modelle mit den europaweiten Monitoringdaten der Gebirgsflora vergleichen und die Rolle der räumlichen Skalierung auf mögliche Diskrepanzen zwischen Modellen und den Beobachtungen von Veränderungen analysieren. Zweitens werden wir ein neuartiges Modellierungs-Framework zur Simulierung simultaner Dynamiken von Verbreitungsmustern vieler miteinander interagierender Arten entwickeln. Wir werden dieses Modell mit Hilfe von Experimenten und Beobachtungsdaten parametrisieren und anhand von Monitoringdaten an einem beispielhaften Berg auswerten. Anschließend werden wir das Modell anwenden, um die Dynamik der Flora dieses Gebirges im Laufe des 21. Jahrhunderts mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung zu simulieren, mit dem Ziel, den prognostizierten Puffereffekt (rescue effect) mikroklimatischer Variabilität im alpinen Gelände zu identifizieren. Schließlich werden die Ergebnisse dieser dynamischen Simulationen für Generalisierungen für alle Gipfel des europäischen Berggipfelüberwachungsnetzwerks GLORIA verwendet.
Die Ergebnisse von MICROCLIM werden einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des tatsächlichen Ausmaßes der Gefährdung der einzigartigen alpinen Flora Europas in einer von globaler Erwärmung geprägten Welt liefern sowie dazu, ob schadensbegrenzende Naturschutzmaßnahmen für ihr langfristiges Überleben erforderlich sind.